Europa als koloniale Erinnerungsgemeinschaft

Das Projekt hat den Blick geschärft für die gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz der Kolonialvergangenheit, wenn es um die Außenwahrnehmungen Europas, um europäische Selbstbilder und um Gravitationspunkte eines europäischen Gedächtnisses geht. Indem es Repräsentationen und Aneignungen des Kolonialismus in europäischen Schulbüchern untersuchte, knüpfte es an die international vielbeachteten, aber in Deutschland noch zögerlich rezipierten Postcolonial Studies an. Diese Erschließung neuer kulturwissenschaftlich-historischer Forschungsansätze befruchtete weitere Vorhaben des Instituts. Über diese inhaltliche Schwerpunktsetzung im Bereich der Kolonialgeschichte entwickelte sich das Institut zu einem bevorzugten Ort der Recherche für einschlägige Forschungsarbeiten (Bachelor- und Masterarbeiten, Dissertationen) und die Bearbeiterin war in zahlreichen Fällen Ansprechpartnerin für Studierende, Graduierte, Stipendiaten und Gastwissenschaftler des Instituts sowie für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an wissenschaftlicher Vernetzung auf dem Gebiet des europäischen Kolonialismus interessiert sind (z.B. im Rahmen der European Science Foundation oder des EU-Forschungsrahmenprogramms Horizont 2020).

  • Vorgehensweise

    Begleitend zur Projektarbeit entstand der Internetauftritt des Verbundes unter www.lost-in-translation.org. Darüber hinaus hat die Bearbeiterin das Projekt und die Ergebnisse mehrfach in Rundfunk- und Zeitungsinterviews vorgestellt und damit zu einer neuen öffentlichen Wahrnehmung der Bedeutung von Schulbüchern in einer globalisierten Welt beigetragen. Die Ergebnisse des Projekts haben ferner die Zusammenarbeit mit den digitalen Forschungsinfrastrukturen im Eckert-Institut befördert. Außerdem gingen die Projekterkenntnisse zu europäischen und afrikanischen Schulbuchsystemen und Curricula in die Vorbereitung der Curricula-Workstation und der Informationsplattform Edu-Data ein. Das virtuelle Netzwerk für die internationale Schulbuchforschung Edumeres hält ein Kartographie-Dossier und einen Beitrag zu kolonialen Karten bereit.


  • Ergebnisse

    Die bislang vorgelegten Beiträge werden derzeit in einer Monographie zusammengeführt. Sie ergeben ein weit gefächertes, aber in sich homogenes Spektrum, das die Grundstruktur der Monographie abbildet. Der in Geschichte und Gesellschaft erschienene Beitrag zu Schulbüchern als Übersetzungsmedium geht von Theorie- und Grundsatzfragen aus. Basisinformationen stellen die Beiträge zu europäischer Bildungspolitik im Vergleich zusammen. Methoden- und Quellenfragen werden in den Beiträgen diskutiert, die sich mit Karten und Abbildungen in europäischen Schulgeschichtsbüchern beschäftigen. Die nationalen Varianten arbeiten die Beiträge zur Bildungspolitik und zu Schulbüchern in Deutschland, England und Frankreich im Vergleich heraus. Transkontinentale Vergleiche ermöglichen hingegen die Beiträge in Periplus und IZ3W zum Geschichtsschulbuch in Europa und Afrika. Schließlich münden die bilanzierenden Überlegungen zum Verhältnis von nationalen und europäischen Identitäten im Band „Europabilder im 20. Jahrhundert“ in die Interpretation der Ergebnisse.

    Die im Rahmen des Projekts und in der Folge organisierten Tagungen und Sammelbände haben zudem die vergleichende Perspektive noch besonders unterstrichen, Kooperationen des Georg-Eckert-Instituts aufgebaut und neue Forschungen angeregt.


  • Vorträge, Publikationen und Veröffentlichungen

    Vorträge:

    „Jenseits nationaler Meistererzählungen? Perspektiven eines europäischen Geschichtsbuchs am Beispiel des Kolonialismus“, Second European Congress of World and Global History, Dresden, 3. Juli 2008.

    “Europa im Bild –Bilder von Europa: Deutsche, französische und polnische Geschichtsschulbücher im Vergleich“, Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für historische und systematische Schulbuchforschung: Das Bild im Schulbuch, Bayerisches Schulmuseum, Ichenhausen, 26. September 2008

    „Images of Europe. Colonialism and European identity in 20th century wall charts“, Internationale Tagung Wall Charts – history and European identity, Julius Maximilians Universität Würzburg, 2. April 2009 (eingeladener Hauptvortrag/Keynote)

    „‘… so viel von der Karte Afrikas britisch rot zu malen wie möglich‘. Karten kolonialer Herrschaft in Geschichtsschulbüchern des 20. Jahrhunderts“, Internationale Tagung Kampf der Karten. Propaganda- und Geschichtskarten als politische Instrumente und Identitätstexte in Europa seit 1918, Herder-Institut Marburg, 6. Mai 2009

    „Karten zur Kolonialgeschichte in europäischen Geschichtsschulbüchern“, Workshop Geschichtskarten im Rahmen des DFG-Projekts Geschichtsatlanten in Europa, Justus-Liebig Universität Gießen, 10. Juli 2009 (eingeladen)

    “Le recit post-colonial dans le manuel d’histoire franco-allemand”, Colloque international Enseignement et colonisation dans l’Empire français. Une histoire connectée?, École Normale Supérieure Lettres et Sciences humaines, Lyon (F), 1. Oktober 2009

    „Kolonialgeschichte in europäischen und afrikanischen Schulgeschichtsbüchern“, Historisches Kolloquium der Technischen Universität Braunschweig, 16. Juni 2010 (eingeladen)

    „Karten kolonialer Herrschaft oder koloniale Karten? Zur Kartierung des modernen europäischen Kolonialismus im Schulbuch“, Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam, 1. Juli 2010 (eingeladen)

    „Banlieue und Nation. Jugendliche Migranten der Großstädte und die Erziehungs- und Schulpolitik in Frankreich“, 48. Deutscher Historikertag, Berlin, 29. September 2010

    “Past glories and oppressive tradition. Empires in European history textbooks”, Annual Conference of the Society for Francophone Postcolonial Studies, Institut Français London, 19. November 2010

    “Imperial legacies. The place of colonialism in German historiography and history education”, European Science Foundation Workshop Teaching the Post-Empire State in Europe: National Historiography and History Education, University of Huddersfield (GB), 11. Juni 2011 (eingeladen)

    „Europa als koloniale Erinnerungsgemeinschaft? Die Kolonialvergangenheit in den erinnerungs- und bildungspolitischen Debatten in Deutschland, Frankreich und England“, Tagung Translating Europe. Gesellschaftliche Europavorstellungen im 20. Jahrhundert, Justus-Liebig-Universität Gießen, 1.7.2011

    “Remembering colonialism. Colonial pasts in Germany and Europe”, German Studies Association Annual Conference, Louisville, KY (USA) 24. September 2011 (eigenes Panel)

    “Les images de l’empire. Le colonialisme dans les manuels scolaires d’histoire allemands de l’enseignement secondaire”, 8e journée Pierre Guibert “Les images dans les manuels scolaires”, Université Paul Valerie – Montpellier III, IUFM Montpellier, (F), 1. Februar 2012

    „Dilemmas of Empire. Kolonialerinnerung und Geschichtspolitik in England“, Internationale Tagung Dekolonisierung: Postkoloniale Erinnerungspolitik in Europa. Medien, Diskurse, Konflikte, Georg-Eckert-Institut Braunschweig, 19. April 2012

    „Europa als koloniales Projekt?“, BMBF-Abschlusstagung Lost in Translation? Europabilder und ihre Übersetzungen, Auswärtiges Amt, Europasaal, Berlin, 5. Juli 2012

    International Symposium Postcolonial perspectives on national historiographies and history education, Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen, Amsterdam, 6.-7. Dezember 2012 (eingeladen)

    “The Decolonization of History Textbooks? Colonial History in European Textbooks since 1945”, Internationale Gesellschaft für Geschichtsdidaktik Colonialism, decolonization and post-colonial historical perspectives – Challenges for History Didactics and history teaching in a globalizing world Tutzing, 16.-18. September 2013

    “Representations of Colonialism. Textbook Research and German History Textbooks”, Journées d’études Enseignement de l’histoire et des langues, École Française de Rome, Rom, 17.-18. Oktober 2013 (eingeladen)

    „Colonial and Postcolonial contexts of history textbooks“, Historical Culture and History Education, Autonoma University of Madrid, 4.-6. Dezember 2013 (eingeladen)

    Europa Postkolonial. Europäische Geschichtsschulbücher und interkulturelle Erziehung, Universität Hildesheim, Fachbereich Erziehungswissenschaften und interkulturelle Erziehung, Hildesheim, 15. Januar 2014 (eingeladen)

    „Koloniales Wissen. Die Popularisierung der Kolonialgeschichte in europäischen Schulbüchern“, 23.-26. September 2014, Historikertag Göttingen, Vortrag und Organisation der Sektion „Beherrschen und Modernisieren. Der europäische Kolonialismus in populären Wissensmedien seit dem 19. Jahrhundert“

    Zwischen Mythos und Globalgeschichte. Die Geschichte der europäischen Expansion, GEI, Tagung: Geschichtsmythen in Europa. Chancen und Herausforderungen im Geschichtsunterricht, 5.-6. Dezember 2014; Keynote; Moderation

    „De nouvelles Europes“. Kolonialgeschichte in europäischen Schulbüchern, Kolloquium des Lehrstuhls Didaktik der Geschichte, Universität Siegen, 7.1.2015 (eingeladen)

    Sektionen und Konferenzen:

    Translating Europe. Gesellschaftliche Europavorstellungen im 20. Jahrhundert, Justus-Liebig-Universität Gießen, 1.7.2011

    “Remembering colonialism. Colonial pasts in Germany and Europe”, German Studies Association Annual Conference, Louisville, KY (USA) 24. September 2011, Sektion

    „Europa als Bildungsraum und Wissensgesellschaft“, Institut Pierre Werner Luxembourg, 22.-23. März 2012

    „Europa als koloniales Projekt?“, BMBF-Abschlusstagung Lost in Translation? Europabilder und ihre Übersetzungen, Auswärtiges Amt, Europasaal, Berlin, 5. Juli 2012

    „Beherrschen und Modernisieren. Der europäische Kolonialismus in populären Wissensmedien seit dem 19. Jahrhundert“, 23.-26. September 2014, Historikertag Göttingen, Sektion

    Geschichtsmythen in Europa. Chancen und Herausforderungen im Geschichtsunterricht, 5.-6. Dezember 2014; GEI, Braunschweig

    Beiträge in Zeitschriften:

    Susanne Grindel, Kolonialismus im Schulbuch als Übersetzungsproblem. Deutsche, französische und englische Geschichtslehrwerke im Vergleich, in: Geschichte und Gesellschaft 38, 2012, S. 272-303.

    Dies., The End of Empire. Colonial Heritage and the Politics of Memory in Britain, in: JEMMS 5, 2013, S. 33-49.

    Dies., Expansion oder Invasion? Kolonialgeschichte in europäischen und afrikanischen Schulbüchern, in: iz3W informationszentrum 3. Welt, 329, 2012, S. D11-D13.

    Dies., Lesarten des Kolonialismus. Die Kolonialgeschichte in neueren europäischen und afrikanischen Schulbüchern, in: Periplus. Jahrbuch für außereuropäische Geschichte 22, 2012, S. 176-195.

    Dies./Winfried Speitkamp, "Da war doch was. Die europäischen Staaten beginnen, sich ihrer kolonialen Vergangenheit zu stellen", in: Kulturaustausch. Zeitschrift für internationale Perspektiven 4, 2008, S. 71.
    auch erschienen unter: www.eurotopics.net/de/magazin/magazin_aktuell/kolonialismus-2008-10/grindel-speitkamp-kolonialerinnerung/

    Dies., Deutscher Sonderweg oder europäischer Erinnerungsort? Die Darstellung des modernen Kolonialismus in neueren deutschen Schulbüchern, in: Koloniale Vergangenheiten - Colonial Pasts, Themenheft der Zeitschrift für internationale Schulbuchforschung 3, 2008, S. 695-716.

    Dies., Banlieue und Nation. Jugendliche Migranten der Großstädte und die Erziehungs- und Schulpolitik in Frankreich, in: Francia 41, 2014, S. 459–474.

    Beiträge in Handbüchern:

    Susanne Grindel, Enseignement et colonisation. Le récit postcolonial dans le manuel d'histoire franco-allemand, in: Gilles Boyer, Pascal Clerc und Michelle Zancarini-Fournel (Hg.), L'école aux colonies, les colonies à l'école, Lyon 2013, S. 169-185.

    Dies., "... so viel von der Karte von Afrika britisch rot zu malen als möglich". Karten kolonialer Herrschaft in europäischen Geschichtsschulbüchern des 20. Jahrhunderts, in: Peter Haslinger und Vadim Oswalt (Hg.), Kampf der Karten. Propaganda- und Geschichtskarten als politische Instrumente und Identitätstexte, Marburg 2012, S. 258-287.

    Dies., Europa als koloniale Erinnerungsgemeinschaft? Die Kolonialvergangenheit in den erinnerungs- und bildungspolitischen Debatten in Deutschland, Frankreich und England, in: Europabilder im 20. Jahrhundert. Entstehung an der Peripherie, hg. v. Frank Bösch, Ariane Brill und Florian Greiner, Göttingen 2012, S. 96-116.

    Dies./Ewa Anklam, Europa im Bild - Bilder von Europa: Europarepräsentationen in deutschen, französischen und polnischen Geschichtsbüchern in historischer Perspektive, in: Carsten Heinze und Eva Matthes (Hg.), Das Bild im Schulbuch (Beiträge zur historischen und systematischen Schulbuchforschung), Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2010, S. 93-108.

    Dies., Das Bild von MigrantInnen im Schulbuch, in: Maria Dabringer und Alexander Trupp (Hg.), Wirtschaften mit Migrationshintergrund. Zur soziokulturellen Bedeutung "ethnischer" Ökonomien in urbanen Räumen, Innsbruck 2012, S. 120-129.

    Dies., Colonial and Postcolonial Contexts of History Textbooks, in: Mario Carretero, Stefan Berger und Maria Grever (Hg.), International Handbook of Research in Historical Culture and Education. Hybrid Ways of Learning History, Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2016 (zum Druck angenommen).

    Digitale Publikationen

    Susanne Grindel, "Nationale Identität und Europäische Identität", www.eurviews.eu

    Dies., „Winston Churchill: Rede an die akademische Jugend“, www.eurviews.eu

    Dies., „Die Überlegenheit der Franken“, www.eurviews.eu

    Dies., „Bildungsgeschichte Deutschland“, www.eurviews.eu/de/bildungsgeschichte/deutschland.html

    Dies., „Karten und ihre Grenzen. Zur kartographischen Vermittlung des modernen europäischen Kolonialismus in deutschen Geschichtsschulbüchern des 20. Jahrhunderts.“ In: Die Macht der Karten oder: was man mit Karten machen kann, hg. v. Freundeskreis der Prof. Dr. Frithjof Voss Stiftung und Georg-Eckert-Institut. Eckert.Dossiers 2 (2009). www.edumeres.net/urn/urn:nbn:de:0220-2009-0002-065.

    Dies./Winfried Speitkamp, "Da war doch was. Die europäischen Staaten beginnen, sich ihrer kolonialen Vergangenheit zu stellen", 2008, http://www.eurotopics.net/de/magazin/magazin_aktuell/kolonialismus-2008-10/grindel-speitkamp-kolonialerinnerung/

    Lehre (TU Braunschweig)

    „Kolonialgeschichte und Kolonialerinnerung“, SS 2013

    „Jugendunruhen und postkoloniale Migration in Westeuropa“, WS 2013/14

    „Von de Gaulle bis Sarkozy. Französische Zeitgeschichte von 1958 bis 2012“, WS 2014/15

    Herausgeberschaften:

    Dies. (Hg.), Koloniale Vergangenheiten - Colonial Pasts (= Themenheft der Zeitschrift für internationale Schulbuchforschung 3, 2008), Hannover 2008.

    Susanne Grindel, Katja Gorbahn, Susanne Popp (Hg.), Teaching Colonialism. A Postcolonial Perspective on History Education, Berghahn: New York, 2016. (in Bearbeitung)


Projektteam

  • Dr. Susanne Grindel | Projektleitung
  • Weitere Projektinformationen

    Projektlaufzeit

    • 2009-2015

    Projektförderung

    Das Projekt „Europa als koloniale Erinnerungsgemeinschaft?“ wurde im Rahmen des Forschungsverbundes „Lost in Translation? Europabilder und ihre Übersetzungen. Vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart“ vom 1.5.2009 bis 31.7.2012 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das Eckert-Institut war Sprecher und Koordinator des Verbundes, an dem mit dem Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam ein weiteres Leibniz-Institut und mit der Justus-Liebig-Universität Gießen eine Universität beteiligt waren. Anschließend erfolgte eine Förderung aus institutionellen Mitteln.


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