Geschichte des Georg-Eckert-Instituts

Das Projekt leistete am Beispiel des Georg-Eckert-Instituts einen Beitrag zur Institutionengeschichte der Schulbuchforschung. Ihm kam dabei eine doppelte Bedeutung zu: Erstens wurde damit erstmalig eine kritische, aus institutionengeschichtlicher Perspektive verfasste Analyse der Anfänge der institutionellen Schulbuchforschung vorgenommen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass Schulbuchrevision und Schulbuchforschung von Beginn an aufeinander bezogen waren und sich die Schulbuchforschung erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts von der Revision und praktischen Schulbucharbeit insbesondere in Konfliktgesellschaften löste und sich thematisch und methodisch öffnete. Damit wurde zweitens evident, dass die Geschichte der Schulbuchforschung nicht unabhängig von den vielfältigen Aktivitäten auf dem Gebiet der Schulbuchrevision und -beratung geschrieben werden konnte. Gerade diese Analyse der praktischen Schulbucharbeit schloss die Untersuchung der Netzwerke, der wichtigsten Akteure, der jeweiligen politischen Kontexte, Interessenkonflikte und räumlichen Bezüge ein, die zugleich auch konstituierend für die Schulbuchforschung waren.

Das Georg-Eckert-Institut war insofern ein ideales Fallbeispiel für die Erforschung dieser Prozesse, als es seinem Initiator Georg Eckert in den ersten Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gelang, die Schulbuchforschung nicht nur als neues Feld der akademischen Forschung an der Pädagogischen Hochschule Braunschweig zu verankern, sondern dies auch mit praktischen Vorhaben der Schulbucharbeit – zunächst mit dem politischen Ziel der Versöhnung – zu verbinden. Das Georg-Eckert-Institut, das ein Jahr nach dem Tod seines Spiritus Rector im Jahr 1975 gegründet wurde, entwickelte sich dann in der Folgezeit zur weltweit wichtigsten Institution auf dem Gebiet der Sammlung und Forschung zu Lehrwerken des Geographie- und Geschichtsunterrichts sowie der Gesellschaftskunde. Das GEI hat sich daher einerseits von Beginn an als eine wissenschaftliche Institution verstanden, die ​das Feld der Schulbuchforschung nicht nur begründete, sondern auch in weiten Teilen entwickelte und prägte. Andererseits hat das Institut im Kontext der Schulbuchrevision, zunächst zwischen Deutschland und seinen ehemals verfeindeten Nachbarn und später in Europa und über europäische Grenzen hinaus, bei der Vermittlung in Schulbuchkonflikten und der Beratung von internationalen Organisationen wie der UNESCO und dem Europarat einen ​wichtigen und bis heute international anerkannten Beitrag geleistet.

​​Die Geschichte des GEI konnte daher Antworten auf die Fragen geben, unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen Schulbücher das Interesse der ​​wissenschaftlichen Forschung fanden, wie es gelang, ein neues Forschungsfeld wissenschaftlich und organisatorisch zu institutionalisieren und an wechselnde gesellschafts-, bildungs- und wissenschaftspolitische Konjunkturen anzupassen, und in welcher Form sich die wissenschaftlichen und transferorientierten Aktivitäten hinsichtlich der Akteure, Institutionen, Zielsetzungen und Interessen überschnitten. Vor diesem Hintergrund fragte das Projekt auch danach, wie sich wissenschaftliche Perspektiven und politische und finanzielle Steuerungsinstrumente der Schulbuchforschung mit Blick auf den Wandel von der bilateralen Zusammenarbeit zur globalen Vernetzung veränderten. Es öffnete zugleich den Blick auf eine vergleichende Analyse von Institutionen der Schulbuchforschung und -arbeit und die damit verbundene Konkurrenz und Kooperation auf den Feldern der Organisation und der Finanzierung im Rahmen von regionalen, nationalen oder ​supranationalen Institutionen.

  • Ergebnisse

    Publikationen

    • Bode, M., Defrance, C., Fuchs, E., Pfeil, U., Sammler, S., Strobel, T. (2021): Georg Eckert: A Driving Force in International Textbook Revision and Cultural Policy. Eckert. Dossiers 2. urn:nbn:de:0220-2021-0064.
    • Fuchs, E., Henne, K., Sammler, S. (2018): Schulbuch als Mission: Die Geschichte des Georg-Eckert-Institutes. Cologne: Böhlau.
    • Sammler, S. (2018): Wie folgenreich können bilaterale Schulbuchgespräche sein? Überlegungen am Beispiel der zweiten Generation der deutsch-französischen Schulbuchgespräche  (1951–1967). In: Rainer Bendick, Ulrich Bongertmann, Marc Charbonnier, Franck Collard, Martin Stupperich, Hubert Tison (Hg.): Deutschland und Frankreich – Geschichtsunterricht für Europa. Die deutsch-französischen Schulbuchgespräche im europäischen Kontext [France – Allemagne. L’enseignement de l’histoire pour l’Europe. Les rencontres franco-allemandes sur les manuels scolaires dans le contexte européen]. Frankfurt a. M., S. 85–96.
    • Sammler, S. (2017): Georg Eckert und die internationale Schulbucharbeit in Braunschweig (1946 bis 1974) In: Dieter Dowe, Eckhardt Fuchs, Heike Christina Mätzing, Steffen Sammler (Hg.): Georg Eckert. Grenzgänger zwischen Wissenschaft und Politik. Eckert. Die Schriftenreihe, Bd. 146. Göttingen: V&R unipress, S. 223–236.
    • Fuchs, E., Sammler, S., Henne, K. (2016): الكتب الدراسية بين التقاليد والتجديد . رحلة في تاريخ معهد جيورج إكارت [Al-kuttub al-dirasiyya baina al-taqalid wa al-tagdid. Rihla fi tarih ma’had Gijurg-Ickart]. Braunschweig: Georg-Eckert-Institut.
    • Sammler, S. (2016): Die Institutionalisierung der internationalen Schulbucharbeit auf dem Gebiet der Geschichte. Das internationale Schulbuchinstitut in Braunschweig (1951-1965). In: Jürgen Elwert (Hg.): Geschichte jenseits der Universität. Netzwerke und Organisationen in der frühen Bundesrepublik. Historische Mitteilungen – Beiheft 94. Stuttgart, S. 169–185.
    • Sammler, S. (2016): Schulbuchgespräche in friedenspädagogischer Absicht. Die Revision der Geschichtsbücher im Versöhnungsprozess nach 1945. In: Corine Defrance, Ulrich Pfeil (Hg.): Verständigung und Versöhnung nach dem „Zivilisationsbruch“? Deutschland in Europa nach 1945. Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 1731. Bonn: bpb, S. 605–623.
    • Fuchs, E., Sammler, S. (2015): The Establishment of the Georg Eckert Institute in the Summer of 1975. How Textbook Research Was Given a New Future in Braunschweig Following the Death of Georg Eckert. Eckert. Bulletin 15, S. 32–35.
    • Fuchs, E., Sammler, S., Henne, K. (2015): Schulbücher zwischen Tradition und Innovation. Ein Streifzug durch die Geschichte des Georg-Eckert-Instituts. Braunschweig: Georg-Eckert-Institut.
    • Nouvel-Kirschleger, M., Sammler, S. (2015): Between National Tradition and Bilateral Dialogue: Teaching the First World War in France and Germany to Build Lasting Peace. Studi sulla Formazione 18 (2), S. 33–45.
    • Sammler, S. (2015): De la révision des récits de guerre à l’enseignement de la paix dans les manuels scolaires : l’exemple franco-allemand au sortir de la Seconde Guerre mondiale. In: Antoine Coppolani, Charles-Philippe David, Jean-François Thomas (Hg.): La Fabrique de la Paix Acteurs, processus, mémoires. Québec, S. 213–223.
    • Nouvel-Kirschleger, M., Sammler, S. (2014): Construire une paix durable après 1945: L’enseignement des origines de la Première Guerre Mondiale en France et en Allemagne. Didactica Historica. Revue Suisse pour l’Enseignement de l’Histoire  1 (1), S. 71–76.
    • Nouvel-Kirschleger, M., Sammler, S. (2014): Les manuels scolaires, outils pour la construction d'une paix durable au sortir de la Grande Guerre ? La Grande Guerre des manuels scolaires. Montpellier, France.

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