Writing the Nation in Afghanistan

Ein Vergleich von Schulbüchern für Geschichte und Patriotismus (2001–2021)

Ausgehend von der Beobachtung, dass Bildungsmedien eine bedeutende Rolle bei der Prägung der Weltanschauungen, Identitätskonzepte und Überzeugungen zukünftiger Bürger spielen, trägt das Projekt zu dieser Debatten mit einer systematischen Analyse und sorgfältigen Kontextualisierung von Darstellungen von Nation, Staat und Moderne bei, wie sie in Schulbüchern für Geschichte und Patriotismus vermittelt werden, die zwischen 2001 und 2021 veröffentlicht wurden.

    • Ziele

      Das Projekt zielt darauf ab, die Spuren sichtbar zu machen, die historiographische und politische Diskurse in Schulbüchern hinterlassen haben, sowie Ambivalenzen und Unschärfen als Spiegel gesellschaftlicher Auseinandersetzungen zu identifizieren.


    • Vorgehensweise

      Das Projekt konzentriert sich auf die folgenden Forschungsfragen:

      1. Haben Schulbücher zur Integration einer vielfältigen Gesellschaft beigetragen?
      2. Reflektieren sie Kontroversen über die afghanische Geschichte?
      3. Greifen sie Debatten über kulturell angemessene Formen der Staatsführung auf?
      4. Haben sich die Autor*innen mit der postkolonialen Kritik an der Anwendung westlicher Konzepte von Staat, Nation und Modernität auf die Geschichte nicht-westlicher Gesellschaften auseinandergesetzt?

      Das Projekt stützt sich auf die Analyse von drei Arten von Quellen. (i) Alle Geschichts- und Patriotismuslehrbücher, die zwischen 2001 und 2021 veröffentlicht wurden, werden einer systematischen Analyse unterzogen. (ii) Historiographische Kontroversen zu Schlüsselthemen der afghanischen Geschichte, wie sie sich in der akademischen Literatur innerhalb und außerhalb Afghanistans widerspiegeln, werden rekonstruiert, um die Spuren zu identifizieren, die sie in den Bildungsmedien hinterlassen haben. (iii) Internationale Debatten über den Einfluss postkolonialer Theorie auf Konzepte von (nationaler) Zugehörigkeit, sozialer und politischer Organisation sowie Geschichte in postimperialen Kontexten werden untersucht, um einen kritischen Horizont zu entwickeln, von dem aus Schulbuchdarstellungen beurteilt werden können.


    • Ergebnisse

      Die Ergebnisse werden in Form einer Monographie veröffentlicht. Darüber hinaus ist die Veröffentlichung zweier begutachteter Artikel in Fachzeitschriften geplant.

      Ein erster Artikel mit dem Titel ‘Writing of history and organization of time in the narrative of Afghanistan (A comparison of school history textbooks (1998-2021))’ befindet sich gegenwärtig im Begutachtungsprozess beim Journal of Educational Media and Memory Studies (JEMMS). Der Artikel untersucht Schulgeschichtsbücher in Afghanistan und fragt, wie die Konzeptualisierung von Zeitlichkeit, Geschichte und die Verwendung von Kalendern erfolgt und wie sie in die Konstruktion der nationalen Erzählung einfließt. Bei den untersuchten Schulbüchern handelt es sich um drei Generationen von Geschichtslehrbüchern, die zwischen 1998 und 2021 unter dem Islamischen Emirat der Taliban (Lehrbuch der ersten Generation) bzw. der Islamischen Republik Afghanistan (Lehrbücher der zweiten und dritten Generation) veröffentlicht und unterrichtet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Lehrbücher der ersten und zweiten Generation zu einem eher religiösen Zeit- und Geschichtsverständnis neigen, während die Lehrbücher der dritten Generation ein eher säkulares, progressives Zeit- und Geschichtsverständnis aufweisen. Die Verwendung von Kalendern in den Schulbüchern deutet auf eine Hybridität von Erzählung und Genre sowie auf ideologische Präferenzen hin.

      Ein zweiter Artikel, der Schulbücher für Geschichte und Patriotismus vergleicht, ist derzeit in Planung.


    Projektteam

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