Zivilgesellschaft in Zeiten militärischer Bedrohung

Zivilgesellschaften sind in Zeiten militärischer Konflikte besonderen Belastungen ausgesetzt. Soweit es sich um demokratische Strukturen handelt, die über eine gewisse Autonomie gegenüber dem Staat verfügen, geraten sie unter starken staatlichen Instrumentalisierungsdruck. Häufig breiten sich Tendenzen der Radikalisierung und Polarisierung, des angefachten Patriotismus und des dichotomischen Freund-Feind-Denkens auf, die demokratische Errungenschaften gefährden können. Andererseits ist der Staat in dieser Situation entscheidend auf die Unterstützung durch zivilgesellschaftliches Engagement angewiesen, was gesellschaftlichen Akteuren wiederum Spielräume bietet und ihnen neue Felder und Chancen erschließt.

In Zusammenarbeit mit der All-Ukrainian Association of Teachers of History and Social Studies „Nova Doba“ veranstaltete das Georg-Eckert-Institut am 07. und 08. Dezember 2018 eine internationale Konferenz in Kiew, um verschiedenen Fragen zur zivilgesellschaftlichen Reaktion auf militärische Bedrohung nachzugehen. Es ging unter anderem darum, wie sich Zivilgesellschaften in Zeiten militärischer Bedrohung verändern, wie sie auf Versuch der Instrumentalisierung reagieren und inwieweit sich dabei neue Handlungsfelder erschließen. Geleitet wurden diese Überlegungen von der Frage, ob demokratische Werte und Strukturen in Zeiten blutiger Konflikte zwangsläufig eine Zurückstufung erfahren oder gerade umgekehrt als eine besondere Ressource fungieren.

Die Konferenz befasste sich mit Gesellschaften, die in jüngster Zeit Schauplatz von militärisch ausgetragenen Konflikten waren und in denen diese als „frozen conflicts“ noch stark auf die Gesellschaft ausstrahlen. Einen regionalen Schwerpunkt stellten die Ukraine und Länder der östlichen Partnerschaft (Georgien, Armenien und Transnistrien) dar, aber auch historische Konfliktsituationen andernorts wurden vergleichend betrachtet.

Die Konferenz widmete sich dem staatlich‐gesellschaftlichen Mit‐ und Gegeneinander und den entsprechenden Aushandlungsprozessen vornehmlich in Verbindung mit der schulischen Bildung. Eine zentrale Sonde, die als sehr aussagekräftig für die Untersuchung von Kontinuität und Wandel erscheint, setzte an den Sozialkunde‐ und Geschichtslehrbüchern an, aber auch die Praxis von LehrerInnen ist wurde als außerordentlich relevant hervorgehoben.

Die Konferenz führte Schulbuchforscher*innen, Historiker*innen, Politolog*innen, Bildungspraktiker*innen und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft zusammen und hat einen Dialog über Identitätskonstruktionen, Pluralismus und Werteorientierung angestoßen. Konfliktpotenziale in Schulbüchern wurden in der Diskussion ebenso aufgegriffen wie die Rolle von Schulbuchgesprächen bei der Suche nach Verständigung.

Die Vorträge wurden gemeinsam mit zwei Gastbeiträgen in einer Publikation auf Deutsch und Englisch zusammengestellt, die 2019 veröffentlicht wurde. Derselbe Band wurde Anfang 2020 ebenfalls auf Ukrainisch und Russisch in einer Druckversion und digital publiziert.

Projektteam

  • Weitere Projektinformationen

    Projektlaufzeit

    • 2018

    Finanzierung

    • Auswärtiges Amt

    Projektpartner

    • All-Ukrainian Association of Teachers of History and Social Studies “Nova Doba”
    • GAHE (Georgian Association of History Educators)
    • Imagine – Center for Conflict Transformation (Armenien Azerbaidschan)
    • Ion Creanga State University, Moldova

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